Drucken
öffnen / schließen
Wenn Sie diese Felder durch einen Klick aktivieren, werden Informationen an Facebook, Twitter oder Google in die USA übertragen und unter Umständen auch dort gespeichert. Näheres erfahren Sie hier: https://www.heise.de/ct/artikel/2-Klicks-fuer-mehr-Datenschutz-1333879.html

Biopharmazeutika: Wirtschaftsdaten und neue Anwendungsgebiete zum Nutzen für die Patienten

Der aktuelle vfa bio-Report zur Lage der medizinischen Biotechnologie in Deutschland, der mit Unterstützung durch The Boston Consulting Group erstellt wurde, liegt vor. Als einziger erfasst dieser jährlich erscheinende Bericht alle Aktivitäten der medizinischen Biotechnologie in Deutschland – in Startups wie in Großunternehmen.

Download (MP4-Format, 34 MB)

Im Jahr 2011 stagnierten die Umsätze mit Biopharmazeutika – also mit gentechnisch hergestellten Medikamenten – in Deutschland bei rund 5,4 Milliarden Euro. Ursächlich hierfür sind insbesondere einseitige politische Markteingriffe in Form des seit August 2010 von 6 % auf 16 % erhöhten Zwangsrabatts gekoppelt mit einem Preismoratorium. Trotz ungünstiger Marktentwicklung und sich verschlechternder Rahmenbedingungen investierten die Firmen der medizinischen Biotechnologie aber immer noch Milliarden in Entwicklungsprojekte und konnten bisher ihre Mitarbeiterzahl konstant halten. Dazu haben 386 Unternehmen (2010: 383) beigetragen: 118 davon (2010: 114) sind kleine und mittelständische Biotech-Unternehmen, mittelständische und große Arzneimittelhersteller sowie deutsche Tochtergesellschaften internationaler Pharma- und Biotech-Firmen, die Produkte bereits vermarkten und/oder eine eigene innovative Produktpipeline besitzen. Die übrigen 268 (2010: 269) Unternehmen tragen durch ihre Technologieplattformen zur Medikamentenentwicklung bei, ohne selbst eigene Wirkstoffe zu entwickeln.

Weitere Wirtschaftsdaten der medizinischen Biotechnologie in Deutschland:

  • Der Umsatz mit Biopharmazeutika stagnierte im Vergleich zu 2010 und belief sich auf rund 5,4 Milliarden Euro. Der Anteil am Gesamtpharmamarkt erhöhte sich leicht von 18 % auf 19 %. Wachstum gab es lediglich bei Mitteln gegen immunologische (z.B. rheumatische) Krankheiten, in den anderen großen Anwendungsgebieten stagnierte oder sank der Umsatz.
  • Die Anzahl der weitestgehend hoch qualifizierten Mitarbeiter in der medizinischen Biotechnologie konnte in Deutschland mit gut 35.500 konstant gehalten werden.
  • Im Jahr 2011 waren 4 von 34 neu zugelassenen Arzneimitteln Biopharmazeutika (12 %).
  • Die Zahl der biopharmazeutischen Präparate in der klinischen Entwicklung hat sich binnen Jahresfrist von 516 auf 556 erhöht (+8 %); die Zahl der Produkte in Phase III – also der letzten klinischen Entwicklungsphase vor Beantragung der Zulassung – stieg sogar um knapp ein Fünftel (+18 %) an. Insgesamt hat sich die Zahl der Entwicklungskandidaten seit der ersten Ausgabe dieses Berichts im Jahr 2006 durch kontinuierliche Investitionen der Unternehmen in ihre biopharmazeutischen Pipelines mehr als verdoppelt.

Diese wirtschaftlichen Kennzahlen zeigen, dass die medizinische Biotechnologie in Deutschland weiterhin ein sehr großes Potenzial aufweist, das jedoch nur durch das finanzielle Engagement sowie das Know-How der Wirtschaft auch in Innovationen für Patienten umgesetzt werden kann. Setzt sich die gegenwärtige, dirigistische Marktregulierung fort, könnte es schwierig werden, die Investitionen und Beschäftigtenzahlen auf dem jetzigen Niveau zu halten. Denn weitere Maßnahmen zur Kostendämpfung – wie der neue Modus zur Festlegung der Erstattungsbeträge für innovative Medikamente – beginnen jetzt zu wirken. Gleichzeitig erhöhen sich die Kosten für die Arzneimittelentwicklung kontinuierlich.

Für die Firmen geht also die Schere zwischen steigenden Ausgaben einerseits und stagnierenden bzw. schrumpfenden Einnahmemöglichkeiten andererseits immer weiter auseinander. Auf diese negative Entwicklung werden sie reagieren müssen, was den Nachschub an Innovationen für die Patienten langfristig gefährden könnte. Dabei würde eine Verbesserung der Bedingungen, unter denen die Branche agiert, einen dreifachen Gewinn (win³) versprechen:

  • Gewinnen würden die Patienten, weil ihnen mit neuen therapeutischen Optionen geholfen werden kann
  • Gewinnen würde die Gesellschaft, weil neue Therapien voraussichtlich helfen würden, die Kosten für Arbeitsunfähigkeit bzw. Pflege zu senken
  • Und gewinnen würde auch der Standort Deutschland, nicht zuletzt hinsichtlich qualifizierter Arbeitsplätze.

Folgende Maßnahmen können zu einer wettbewerbsfähigen Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen beitragen:

  • die Weiterentwicklung des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes (AMNOG) sowie des Verfahrens zur frühen Nutzenbewertung neu eingeführter Medikamente,
  • die Einführung einer steuerlichen Forschungsförderung nach dem Vorbild anderer Staaten und
  • weitere Verbesserungen im Steuerrecht speziell für kleine forschungsintensive Unternehmen.

Diese Maßnahmen würden dabei helfen, die vielen biopharmazeutischen Entwicklungsprojekte weiterzuführen und zum Abschluss zu bringen. Von diesen Projekten erschließt rund die Hälfte medizinisches Neuland, denn sie betreffen Krankheiten, gegen die es vor 2011 noch überhaupt keine Arzneimittel oder noch keine Biopharmazeutika gibt, etwa Alzheimer-Demenz, Arthrose, Hirnhautentzündung durch B-Meningokokken oder Systemischer Lupus Erythemadodes. Diese neuen Anwendungsgebiete von Biopharmazeutika stehen im Mittelpunkt des medizinischen Teils der diesjährigen Studie. Anhand konkreter Beispiele wird die Innovationskraft der medizinischen Biotechnologie beleuchtet, wobei die gezeigten Entwicklungspräparate ein großes medizinisches Spektrum von seltenen Erkrankungen wie der Castleman Krankheit (rund 340 Neuerkrankungen pro Jahr in Deutschland) bis hin zu Volkskrankheiten wie Hypercholesterinämie mit vielen Millionen Betroffenen abdecken.